Experteninterview Energieberatung

Routinierte Energieberater verschaffen sich einen ersten Überblick über den Gesamtzustand des Gebäudes. Eine erste Empfehlung gibt es bereits nach 30 Minuten

 

Energieberater vor der Sanierung einschalten

Effizienzhaus-online: Herr Meyer, wie viele Hauseigentümer schalten Ihrer Meinung nach vor einer energetischen Modernisierung einen Energieberater ein?

Ronny Meyer: Ganz ehrlich? Ich würde schätzen keine 10 Prozent. Meines Wissens gibt es hier keine Statistiken, wahrscheinlich sind es sogar weniger als 5 Prozent.

 

Gründe für einen Energieberater

Effizienzhaus-online: Was sind hierfür die Gründe?

Ronny Meyer: Die größte Hürde sind meines Erachtens die Kosten. Beim Bau hat sich irgendwie eingebürgert, dass die Beratung nichts kosten darf. Aber man lädt sich in aller Regel auch aus einem anderen Grund keinen Energieberater ein: Viele wissen einfach immer noch nicht, dass bei einer energetischen Sanierung als einer der ersten Schritte immer das Gespräch mit dem Energieberater dazugehört. Nur er kann ganzheitlich beurteilen, wo ein Haus angepackt werden muss. Und: Spezialisten sind leider auch nicht überall flächendeckend anzutreffen.

 

Kosten einer Energieberatung

Effizienzhaus-online: Was hat es mit den Kosten auf sich? Kostet eine Energieberatung denn tatsächlich zu viel?

Ronny Meyer: Nun ja: Erstens – professionelle Arbeit ist immer ihr Geld wert und kann nicht für gratis verlangt werden. Und zweitens – die Vergütung hängt von verschiedenen Faktoren ab: Was wollen Sie? Eine ausgiebige Vor-Ort-Beratung oder einen schnellen Ersteindruck?  Auch die Größe der Immobilie spielt eine Rolle und Zusatzleistungen wie eine Thermografieaufnahme oder der Blower-Door-Test, also die Luftdichtheitsprüfung. Daher: Die Kosten für einen Energieberater schwanken enorm – von 500 Euro bis mehrere tausend Euro ist alles drin. Dennoch sind schon 500 bis 1.000 Euro für eine Beratung den meisten Hauseigentümern gefühlt zu viel. Obwohl man die Hälfte davon sofort erstattet bekommen kann.

 

Woran man einen guten Energieberater erkennt

Effizienzhaus-online: Woran erkenne ich denn als Laie einen guten Energieberater?

Ronny Meyer: Der Begriff des Energieberaters ist nicht geschützt. Mein Maßstab ist: Ein guter Energieberater kommt aus einem Bauberuf und hat eine anerkannte Weiterbildung zum Energieberater absolviert. Zudem sollte er einschlägige Referenzen haben, gut vernetzt und in mehreren Datenbanken gelistet sein.

 

Ablauf einer energetischen Beratung

Effizienzhaus-online: Was macht denn ein Energieberater bei der energetischen Beratung vor Ort genau?

Ronny Meyer: Er verschafft sich zunächst mit geschultem Blick ein Gesamtbild vom Gebäude: Er geht unters Dach, schaut die Dämmung an, sofern überhaupt eine vorhanden ist. Wenn er das Baujahr des Hauses kennt, hat er sofort eine Größenordnung, wo in etwa der  Wärmedurchgangskoeffizient, also der sogenannte U-Wert der Fassade liegt, so dass er in Sekundenschnelle eine erste Einschätzung zur Dämmwirkung der Wand vornehmen kann. Dann geht‘s runter in den Heizungskeller. Wie warm ist dieser? Sind die Rohre gedämmt? Was für eine Umwälzpumpe ist montiert? Welches Baujahr haben Heizung und Warmwasserspeicher?

 

Effizienzhaus-online: Das klingt umfangreich.

Ronny Meyer: Da ist es auch. Dennoch: Ein routinierter Energieberater kann bereits spätestens nach 30 Minuten seine ersten Empfehlungen mit 95prozentiger Trefferquote aussprechen. Was muss alles sinnvollerweise gemacht werden? Was kostet es? Wie viel Zuschüsse gibt es?

 

Austellen eines Energieausweises

Effizienzhaus-online: Ein Energieberater wird nicht nur bei einer energetischen Sanierung aktiv, sondern auch beim Ausstellen des Energieausweises. Was hat es damit auf sich?

Ronny Meyer: Bei Neubauten ist der Energieausweis grundsätzlich verpflichtend. Bei bestehenden Häusern muss seit 2014 ein Energieausweis bei Verkauf oder Vermietung vorhanden sein.

 

Die stufenweise Modernisierung

Effizienzhaus-online: Was halten Sie von einer stufenweisen Modernisierung?

Ronny Meyer: Ich kann verstehen, wenn man sein Haus Stück für Stück modernisieren möchte. Aber das ist in meinen Augen nicht immer klug. Erstens gibt es Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Bauteilen – der U-Wert der Fenster muss beispielsweise bauphysikalisch zum U-Wert der Fassade passen. Diese beiden Bauteile müssen immer gemeinsam betrachtet und sollten auch gemeinsam modernisiert werden.

Weiterhin gibt es für die Komplettsanierung die besten Zuschüsse, die übrigens der Energieberater beantragt. Aus der Ferne kann ich sagen, dass bei nahezu allen Wohnhäusern, die vor 1980 gebaut wurden und die noch im Originalzustand sind, ein Energieberater zum Ergebnis kommen wird, dass die Gebäudehülle, also Dach, Fassade, Fenster, Kellerboden und -wände plus Haustechnik schnellstens auf aktuellen Stand der Technik gebracht werden sollten – in einem Rutsch!

 

Wo finde ich einen Energieberater?

Effizienzhaus-online: Bleibt noch die Frage: Wo finde ich denn einen geeigneten Energieberater?

Ronny Meyer: Es gibt eine Datenbank des Bundes unter www.energie-effizienz-experten.de. Dort finden Hauseigentümer über 10.000 Spezialisten, die in der Vor-Ort-Beratung des BAFA sowie in den KfW-Förderprogrammen „Energieeffizient Bauen und Sanieren“ fit sind. Natürlich können kompetente Energieberater aus der Region auch mit wenigen Klicks auf Effizienzhaus-online.de gesucht werden.

 

Vorgehen nach der Energieberatung

Effizienzhaus-online: Was kommt nach einer Energieberatung?

Ronny Meyer: Wenn die Modernisierungsarbeiten beginnen, sollte der, der das Gebäude nun bereits so gut kennt, auch mit an Bord sein. Sprich: Der Energieberater sollte zumindest an den strategischen Punkten die Bauarbeiten im Blick haben: Wenn das Dach gedämmt wird, die Fenster neu eingebaut werden, die Fassade gedämmt wird, die neue Haustechnik installiert wird. Sobald das alles passiert ist, wird die Luftdichtheit geprüft. Das ist ganz wichtig und elementar.

Übrigens: 50 Prozent der Kosten für diese Baubegleitung durch den Energieberater werden von der KfW-Förderbank erstattet. Bei einer KfW-Förderung des Baus muss der Energieberater außerdem nach Abschluss des Bauprojektes den dann erreichten hohen energetischen Gebäudestandard bestätigen.

 

Fazit einer Energieberatung

Effizienzhaus-online: Ihr Fazit?

Ronny Meyer: Jeder, der ein älteres Haus hat oder der Meinung ist, dass seine Heizkosten höher als nötig sind, sollte sich für kleines Geld einen Verbrauchsausweis besorgen. Liegt dort der Wert über 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, soll der Energieberater in die zweite Runde gehen und das Haus genau bewerten. Und dann wird modernisiert. Das ist wahrscheinlich das beste Geschäft, das man als Hauseigentümer machen kann, da man seine Energieverbrauchskosten für die Zukunft deutlich reduziert – und seinen ganz persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

 

Quelle: Ronny Meyer
Foto: KfW-Bildarchiv / Jens Steingässer &
Ronny Meyer